Lange Zeit wurde der „West-östliche Divan“, von wenigen Kennern abgesehen, innerhalb von Goethes Werk als das vermummte Ineinander von Orient und Okzident, Hafis und Goethe, Suleika und Hatem, Erlesenem und Erlebtem verstanden - oder auch nicht verstanden. Noch im Jahr 1913 konnte man im Buchhandel Exemplare der 1819 erschienen Gedichtsammlung in Erstausgaben kaufen, ungeachtet der ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte und des biographisch reizvollen Spiels von Regung und Anregung, die den Dichter zu einem der liebenswürdigsten Liebesdialoge der deutschen Literaturgeschichte veranlassten. Diese
literarische Spurensuche in Goethes Biographie führt zu der Gedicht-Zeile, die zum heutigen Thema wird.
Im Sommer 1814 verliebt sich der 65jährige Goethe in die 30jährige Marianne von Willemer. Zwei kurze Sommer waren dieser Liebe gegeben. Schließlich mussten beide entsagen. Marianne hat Goethe um mehr als 28 Jahre überlebt, der „West-östliche Divan“ beide - bis heute.