Krisenbewusstsein und radikale Skepsis - oder Goethes zweiter Venedigbesuch
Ein erwĂŒnschter Aufbruch in ein Land, das SehnsĂŒchte und Erwartungen zufriedenstellen soll, ist allemal attraktiver, als der verordnete Besuch einer Stadt zu ungelegener Zeit. Die Trennung von Christiane und dem gerade drei Monate alten Söhnchen August und die Unterbrechung literarischer Arbeiten waren Anlass fĂŒr Goethes Verstimmung, die seinen Blick geschĂ€rft und kritisch gemacht hat.
Was hat vier Jahre nach der ersten euphorischen Italienbegegnung Goethes Blick auf die Lagunenstadt ernĂŒchtert? Der Referent meint, es sei kein Wunder, dass Goethes eigenes Fazit des Venedigbesuchs 1790 lautet: âDiese Reise hat meiner Italien-Begeisterung einen tödlichen StoĂ versetzt.â Er versucht dann, die Erfahrungen und Reflexionen Goethes wĂ€hrend des zweiten Venedigbesuchs als Ausdruck Goethes in jene hellsichtige âUrzeitgemĂ€Ăheitâ zu erklĂ€ren, die Nietzsche spĂ€ter auf die Formel bringen wird: Goethe sei in der Geschichte der Deutschen ein âZwischenfall ohne Folgenâ.
Eine Besonderheit des Abends ist, dass Dr. Manfred Osten (Foto) auch als Bratschist in einem Ensemble unserer Mitglieder Elfriede Stahmer, Hanns Stahmer und Marianne Hedderich mit einem Streichquartett von Mozart zu hören sein wird. Es lohnt sich doppelt, zu kommen.