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Goethe, beim Briefschreiben beobachtet

Dienstag, den 13. 05. 2014

Logenhaus, Lemförder Straße 7

PROF. DR. ALBRECHT SCHÖNE (GÖTTINGEN)

„Briefe hebt man auf, um sie nie wieder zu lesen...“
Dies schreibt Ottilie, eine der Hauptgestalten in Goethes Roman „Die Wahlverwandtschaften“.
Der Brief war das Kommunikationsmittel der Goethezeit, individuell und immer ein Zeugnis fĂŒr den Schreiber und dessen private Beziehung zum Adressaten.

Die GegenstĂ€ndlichkeit und die VergĂ€nglichkeit von Briefen unterscheidet den Brief der Goethezeit von den Mitteilungen spontaner elektronischer DatenĂŒbermittlung unserer Zeit mit ihrer meist geringen Bedeutungsdauer und noch unabschĂ€tzbaren Dauerhaftigkeit in den handelsĂŒblichen und anderweitig zu ahnenden Speichermedien. –
Der Göttinger Germanist, Forscher und Literaturinterpret wendet sich dem Briefschreiber Goethe zu und zeigt, dass es im 18. und 19. Jahrhundert eine Schreibkultur gegeben hat, die die ihr eingeschriebene Mitteilung ernst genommen und auch in Briefen fĂŒr die Bedeutung des Inhalts eine angemessene Form gesucht und gefunden hat.
Damit „der schönste, unmittelbarste Lebenshauch [nicht] unwiederbringlich fĂŒr uns und andere“ verschwindet, hĂ€lt Albrecht Schöne es mit Ottilie aus den Wahlverwandtschaften: „Ich nehme mir vor, dieses VersĂ€umnis wieder gut zu machen.“